Das Regime in Algerien droht ins Straucheln zu geraten. Die Wirtschaft rutscht in die Krise, die politische Situation gerät sukzessive außer Kontrolle. Viele – vor allem junge Menschen – wollen das nordafrikanische Land verlassen: Richtung Europa. Die EU ist zum Handeln gezwungen.
Vor diesem Szenario simulierten die Schüler der Klasse 10a einen Tag lang die europäische Politik im EU-Außenministerrat. Sie schlüpften in die Rolle der EU-Außenminister und vertraten entweder als Einzelkämpfer oder im Team ein EU-Land. Sie mussten dabei eine Strategie entwickeln, sich untereinander abstimmen, miteinander verhandeln, gegeneinander Koalitionen bilden und vor allem entscheiden.
Zur Durchführung des Projekts kam eine Referentin der Europäischen Akademie Bayern zu uns an die Schule. Frau Kleiner gab zunächst eine Einführung in die Geschichte und Institutionen der EU und informierte über die aktuelle wirtschaftliche und politische Lage in Algerien. Nach der Rollenverteilung – Italien, Spanien, Griechenland, Frankreich, Deutschland, Belgien, Schweden, Österreich, Polen, Tschechien und Ungarn waren im Außenministerrat vertreten – begann das Planspiel:
Da ein Flüchtlingsstrom aus Algerien zu erwarten war, erarbeitete Frankreich einen Entwurf für eine gemeinsame Strategie der EU, der dem EU-Außenministerrat vorgelegt wurde. Dabei schlugen die französischen Vertreter folgende Maßnahmen vor, um eine unkontrollierte Flüchtlingsbewegung zu verhindern: Unternehmenshilfen, Hilfen an der Zivilgesellschaft, Zollsenkungen, Lockerung der EU-Grenzen an der Süd-Linie, Flüchtlingsverteilung und Verwaltungseinrichtungen in den Südländern.
Während bei den wirtschaftlichen Maßnahmen oft breite Zustimmung herrschte und auch leichter Kompromisse erzielt wurden, zeigte sich, dass bei den politischen Maßnahmen Einigungen sehr schwierig waren. In erster Linie die osteuropäischen Länder – allen voran Ungarn – und auch Schweden nahmen dabei extreme Positionen ein: Ganz ihrem Rollenprofil entsprechend waren sie strikt dagegen, Flüchtlinge aufzunehmen. Erst nach intensiven Gesprächen und harten Verhandlungen konnte eine Lösung bei der Verteilung der Flüchtlinge gefunden werden.
Die Schüler haben bei diesem Planspiel die Entscheidungsgefüge der EU selbst erfahren und die Grenzen und Möglichkeiten politischer Entscheidungen und auch deren Komplexität erkannt. So wurde etwa nach Abschluss des Planspiels die Handlungsfähigkeit der EU heiß diskutiert: Sollte es ein Ausschlussverfahren geben, etwa für Staaten wie Ungarn oder Polen?
Jeder einzelne Teilnehmer hat aktiv und engagiert mitgemacht und sich auf seine „Rolle“ eingelassen. Vielen Dank an die Jungs der 10a für dieses gelungene Planspiel!
Ursula Neuner