Sehr geehrte Eltern und Erziehungsberechtigte,
letztes Wochenende war ich in Jeruzalem (Slowenien) bei einer Tagung mit Professoren, Schulleitern und Konzernchefs. Mit einer Koryphäe auf dem Gebiet der Sprachwissenschaft, Prof. Dr.Kim Haataja, der in Finnland seiner Fakultät vorsteht, kam ich dabei in intensive Gespräche. Unsere Schule wurde nämlich ausgewählt bei einem Innovationspakt im Rahmen von Erasmus (Förderprograme der Europäischen Union in Sachen Bildung) als Pilotschule mitzuwirken.
Als ich 2010 in Lissabon ebenfalls im Rahmen einer Europäischen Bildungsinitiative die finnischen Bildungsstrukturen kennenlernen durfte, war das finnische System Vorbild (Pisa Sieger) für die ganze Welt. Darauf angesprochen am Wochenende, wirkte Haataja etwas bedrückt. Die guten Ergebnisse der Finnen z.B. bei der Pisa Studie seien vorbei, war sein Resultat. Warum?
Digitalisierung stand und steht in Finnland an Nummer 1. Innerhalb von 2 Tagen konnte das finnische Bildungssystem „online“ gestellt werden und somit die Pandemie parieren. WLan Probleme und andere Verbindungsprobleme gab und gibt es dort nicht. Jedoch gibt es inzwischen neurologische Studien, die belegen, dass die Handynutzung bei Kindern Gehirnschäden ungeahnten Ausmaßes anrichten, die sich in Finnland bereits in den Ergebnissen niederschlagen. 30% der Jugendlichen dort leiden unter Depressionen. Die Konzentrationsfähigkeit und Aufnahmebereitschaft sinken rapide. Da wir in Deutschland zeitverzögert der Entwicklung in Finnland hinterherhinken, werden uns diese Probleme, die sich bereits ankündigen in einigen Jahren auch voll treffen, wenn wir so weitermachen. Haataja gab mir den Rat Sie vor dieser Entwicklung zu warnen und diesen Fehler nicht nachzumachen bzw. in dieselbe Falle zu tappen.
Glücklicherweise haben wir eine Elternschaft an unserer Schule, die mit gesundem Menschenverstand die möglichen Probleme erkannt und erahnt hat und sich konservativ zurückhaltend der Digitalisierung annähert. Herr Prof. Zierer (Lehrstuhlinhaber der Universität Augsburg) hat in seinem Buch „Lernen 4.0 – Pädagogik vor Technik – Möglichkeiten und Grenzen einer Digitalisierung im Bildungsbereich“ (2018) bereits auf die von Haatja beschriebenen Folgen einer maßlosen Digitalisierung hingewiesen. Jede Lehrkraft in meinem Kollegium hat dieses Buch gelesen. Wir müssen das Bildungsrad nicht jeden Tag bzw. alle 10 Jahre neu erfinden. Meine/Ihre Generation ist auch nicht auf der „Brennsuppe daher geschwommen.“
Am Sonntag beginnt der Advent. Das Wort leitet sich vom lateinischen „Adventus“ ab und heißt „Ankunft“. Für Christen ist der Advent die Zeit der Erwartung, die Vorbereitungszeit auf die Ankunft Christi, dessen „Geburtstag“ in der Weihnachtsnacht gefeiert wird.
Besinnen wir uns auf unsere christlichen Werte, fahren wir unseren Stress herunter, bleiben wir gelassen und lassen uns von unseren Handys nicht an der Nase herumführen. Die „Dinger“ sollten nicht unser Denksystem und unser „Hirn“ ersetzen, sondern Hilfsmittel in einer immer hektischer werdenden Gesellschaft sein. Behüten wir unsere Kinder von Abhängigkeiten und Suchterscheinungen, damit wir nicht so enden wie die Finnen. Bleiben wir kritisch wachsam. Das wünsche ich Ihnen für die bevorstehende Adventszeit.
Mit freundlichen Grüßen
Armin Eder, RSD